Großer Kreuzer SMS Hansa

Der große Kreuzer SMS Hansa gehörte der Victoria-Louise-Klasse an und war damit einer der letzten Panzerdeckkreuzer die für die kaiserliche Marine gebaut wurden bevor dieser Schiffstyp von moderneren Klassen abgelöst wurde.

 

Stapellauf und Bauform:

Die Victoria-Louise-Klasse war eine Typ von Kreuzern II. Klasse und damit nicht direkt für eine Auseinandersetzung mit anderen großen Seestreitkräften ausgelegt. Hauptaufgaben dieser Klasse waren überwiegend Dienste in Übersee und die Ausbildung von Matrosen.

Die Entwicklung der Schiffsklasse beginnt bereits Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts. In dieser Zeit herrschte eine kontroverse Auseinandersetzung zwischen dem Oberkommando der Marine und dem Reichsmarineamt über die neue Ausrichtung der kaiserlichen Marine. Zwar einigte man sich zuvor darauf, von der Küstenverteidigung ab zukommen und eine kaiserliche Hochseeflotte aufzubauen. Jedoch konnten sich die Ämter nicht auf einen Schiffstyp einigen, der die dementsprechenden Aufgaben übernehmen kann. Unter Konteradmiral Wilhelm Büchsel, der vom 31. März bis zum 15. Juni 1897 das Reichsmarineamt vorübergehend leitete, kam der Plan für den Ausbau einer großen Kreuzer Flotte. Zu dieser sollten auch insgesamt 30 Schiffe der Victoria-Louise-Klasse gehörten, wobei die ersten Schiffe bereits vom Stapel gelaufen waren. Nachdem Alfred Tirpitz im Juni 1897 das Amt übernahm, lies er umgehend diesen Plan wieder streichen, konnte jedoch die Indienststellung der bereits fast fertigen Schiffen der Victoria-Louise-Klasse nicht mehr verhindern.

Die Entwicklung stammte aus den Erkenntnisse, die die Konstrukteure aus dem Einzelschiff SMS Kaiserin Augusta gewonnen hatten. Minimale Änderung gab es lediglich in der Länge und der Bewaffnung.

Die Antriebsanlage bestand bei der Hansa zunächst noch aus 18 querstehende Belleville-Kessel. Erst nach der grundlegenden Modernisierung wurden auch in diesem Schiff die einheitlichen Marinekessel eingebaut.

Die schweren Geschütze bestanden aus zwei 21-cm Schnelladekanonen, die mit acht 15-cm Schnelladekanonen ergänzt wurden.

Der Stapellauf der SMS Hansa erfolgte am 12. März 1898, die Indienststellung am 20. April 1899.

 

SMS Hansa

 

SMS Hansa

 

SMS Hansa im Dock

 

 

 

Werdegang der SMS Hansa:

Nach der Indienststellung am 20. April 1899 erfolgten die üblichen Erprobungsfahrten des Schiffes. Bei einer dieser Fahrten setzte das Schiff am 6. Juni östlich von Dänemark auf Grund auf und musste durch die Küstenpanzerschiffe Ägir und Odin freigeschleppt werden. Anschließend wurde die Hansa dem Ostasiengeschwader zugeteilt um die dortigen, völlig überalterten Schiffe zu ersetzen.

Die Reise nach Asien begann am 16. August 1899, wo zunächst Anfang September Geschenke Kaiser Wilhelm II. nach Jerusalem und Haifa gebracht wurden und bei den Malediven Inseln Vermessungsarbeiten durchgeführt wurden. Auf der Fahrt machte sich schnell die unzureichende Maschinenanlage bemerkbar, die teilweise ausfiel. Durch die dadurch herbeigeführte schnelle Erschöpfung der Kesselmannschaft musste die Hansa am 29. September Colombo (Hauptstadt von Sri Lanka) anlaufen um dort einige Tage zu verbleiben.

Am 7. Oktober konnte das Schiff wieder in Richtung Singapur auslaufen, wo es 6 Tage später eintraf und auch dort einige Zeit vor Anker lag. Nach dem Auslaufen zur Fortsetzung der Reise, explodierte einer der Kessel des Schiffe, verbrühte 2 Männer tödlich und zwang das Schiff zur Umkehr nach Singapur um die nötigen Reparaturmaßnahmen zu treffen.

Auf der späteren Weiterfahrt musste aufgrund der anhaltenden Kesselprobleme am 26. Oktober Xiamen angelaufen werden. Am 2. November trafen im Hafen auch die beiden deutschen Schiffe SMS Hertha und SMS Deutschland ein. Die Weiterfahrt der deutschen Schiffe begann am 11. November Richtung Shanghai. Unterwegs musste die Hansa jedoch Hongkong anlaufen um die Maschinenanlage überholen zu lassen. Erst am 28. Dezember 1899 war das Schiff wieder einsatzbereit.

Am 15. März 1900 erreichte die Hansa die deutsche Kolonie Tsingtau von wo aus das Schiff  noch einige Besuchsfahrten in der Umgebung durchführte.

 

Anfang 1900 weitete sich der Unmut der Chinesen in der Region über die Europäer und Japaner immer weiter aus und endete schließlich im Boxeraufstand. Bei Ausbruch verlegte die Hansa nach Tanggu, wo sich bereits andere Kriegsschiffe von Großbritannien, den USA, Russland, Australien, Britisch-Indien, Frankreich, Italien und Japan befanden. Der britische Vizeadmiral Edward Hobart Seymour ordnete die sofortige Landung von Soldaten an um das Gesandtschaftsviertels in Peking vor den Aufständen zu schützen. Er bat dabei auch um die Unterstützung der Deutschen. Durch die unerwartet große Gegenwehr der Aufständischen mussten sich die gelandeten Soldaten wieder zurück ziehen, wobei Vizeadmiral Seymour den berühmten Spruch gebracht hatte:
"The germans to the front!" und damit die Übernahme der vordersten Kampflinie durch das deutsche Landungskorps meinte. Als bekannt wurde, dass die angrenzenden Taku-Forts Verstärkung erhalten sollten, wurde beschlossen, auch die restlichen Soldaten an Land zu bringen und die Forts zu stürmen. Nach einem Ultimatum zur Übergabe, begann die chinesische Besatzung der Forts das Feuer auf die in der Nähe liegenden Kanonenboote zu eröffnen, worauf hin diese das Feuer erwiderten. Nach und nach konnten so die Forts eingenommen werden.

Auch die Hansa war an einigen solchen Operationen beteiligt. Durch Feindbeschuss verlor die Besatzung 13 Mann.

 

Nach dem Boxeraufstand und den Reparaturarbeiten lief die Hansa im Oktober 1900 in Nagasaki zu Besuch ein. Vom 30. Dezember bis 5. März 1901 wurde das Schiff überholt und lief anschließend wieder in Tsingtau ein um an der Feierlichkeit zur Gründung des Commonwealth of Australia im Namen des deutschen Kaiserreiches teilzunehmen.

Bis Mitte 1906 war die Hansa überwiegend mit Besuchsfahrten beauftragt, am 4. Juli 1906 erfolgte dann die Rückverlegung ins deutsche Reich wo es am 26. Oktober in Danzig als Kriegsschiff außer Dienst gestellt wurde. Von April 1907 bis März 1909 erfolgte eine umfangreiche Modernisierung um die Hansa als Schulschiff einsetzen zu können, da die bis dahin eingesetzten Schiffe der Bismarck-Klasse völlig überaltert waren und keine finanziellen Mittel für Neubauten zur Verfügung standen. Die erneute Indienststellung erfolgte am 1. April 1909 als Seekadetten- und Schiffsjungenschulschiff und bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges erfolgten Ausbildungsfahrten ins Mittelmeer, die USA und in die Karibik.

 

SMS Hansa nach dem Umbau als Schulschiff

 

 

 

Einsatz im Krieg:

Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde die SMS Hansa wieder dem militärischen Dienst zugeteilt und in die neu gebildete V. Aufklärungsgruppe versetzt. Die Einsätze beschränkten sich lediglich auf Sicherungsaufgaben in der Ostsee. Durch den frühen Personalmangel auf größeren und moderneren Kriegsschiffen, wurde bereits am 16. November 1914 die Aufklärungsgruppe aufgelöst und die Hansa außer Dienst gestellt. Für den Rest des Krieges diente das Schiff nur noch in Kiel als Wohnschiff für Torpedobootsbesatzungen.

 

 

 

Verbleib:

Nach dem Krieg wurde die Hansa am 6. Dezember 1919 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen und in Rendsburg verschrottet.

 

 

 

Kommandanten:

20. April bis 13. Juli 1899 Kapitän zur See Emil von Lyncker
14. Juli 1899 bis 23. Februar 1901 Fregattenkapitän / Kapitän zur See Hugo Pohl
24. Februar 1901 bis 10. Dezember 1902 Fregattenkapitän / Kapitän zur See Adolf Paschen
11. Dezember 1902 bis 16. Februar 1903 Fregattenkapitän Ernst van Semmern
März bis Juni 1903 Korvettenkapitän Lothar Persius
11. Mai 1903 bis 15. Juni 1904 Fregattenkapitän / Kapitän zur See Johannes Schröder
16. Juni 1904 bis 22. April 1906 Fregattenkapitän / Kapitän zur See Eugen Weber
23. April bis 16. Oktober 1906 Kapitän zur See Friedrich Marwede
Oktober 1906 Korvettenkapitän Otto Meinardus
1. April 1909 bis 31. März 1910 Kapitän zur See Otto Back
1. April 1910 bis 31. März 1912 Fregattenkapitän / Kapitän zur See Constanz Feldt
1. April 1912 bis 31. März 1914 Fregattenkapitän / Kapitän zur See Friedrich von Kameke
1. April bis 16. November 1914 Fregattenkapitän Karl von Hornhardt

 

 

 

Schiffsdaten:

Name:  

SMS Hansa

Land:  

Deutsches Reich

Schiffstyp:  

Großer Kreuzer

Klasse:  

Victoria-Louise-Klasse

Bauwerft:  

AG Vulcan, Stettin

Baukosten:  

10.270.000 Mark

Stapellauf:  

12. März 1898

Indienststellung:  

20. April 1899

Verbleib:  

Am 6. Dezember 1919 aus Militärliste gestrichen und verschrottet

Länge:  

110,5 Meter

Breite:  

17,6 Meter

Tiefgang:  

Max. 7,34 Meter

Verdrängung:  

Max. 6.705 Tonnen

Besatzung:  

477 Mann

Antrieb:  

18 querstehende Belleville-Dampfkessel
3 stehende 4-Zyl.-Verbundmaschinen

Leistung:  

10.388 PS (7.640 kW)

Höchstgeschwindigkeit:  

18,7 kn (35 km/h)

Bewaffnung:  

2 × Schnellfeuergeschütz 21,0 cm L/40 (116 Schuss)

8 × Schnellfeuergeschütz 15,0 cm L/40(960 Schuss)

10 × Sk 8,8 cm L/30 (2.500 Schuss)

10 × Revolverkanone 3,7 cm

3 × Torpedorohr ø 45 cm (2 Seiten, 1 Bug, unter Wasser, 8 Schuss)

 

 

Panzerung:

 

Deck: 40 mm
Böschungen: 100 mm
Turmfronten: 100 mm
Turmdecken: 30 mm
Kasematten: 100 mm
Leitstand: 150 mm

 

 

 

 

 

Passende Literatur zum Thema findet Ihr hier:

Die kaiserliche Marine im Ersten Weltkrieg: Von Wilhelmshaven nach Scapa Flow

Die kaiserliche Marine im Ersten Weltkrieg: Von Wilhelmshaven nach Scapa Flow Gebundenes Buch – 16. Oktober 2013

Begünstigt durch die imperialen Bestrebungen von Wilhelm II. entwickelte sich die Kaiserliche Marine ab 1900 zu einer der modernsten Kriegsflotten weltweit. 1914 wähnte sie sich mit der britischen Royal Navy auf Augenhöhe. Dieser Text-Bildband analysiert Stärken und Schwächen der kaiserlichen Flotte und ihrer Gegner im Ersten Weltkrieg. Mit exklusiven Schwarz-Weiß-Fotos und farbigen Darstellungen ausgewählter Memorabilien.

Hier klicken!

 

 

Deutsche Kriegsschiffe: Die Kaiserliche Hochseeflotte 1914-1918 (Typenkompass)

Deutsche Kriegsschiffe: Die Kaiserliche Hochseeflotte 1914-1918 (Typenkompass) Taschenbuch – 24. September 2015

In diesem Typenkompass wird die deutsche Kriegsmarine der Kaiserzeit hervorragend und systematisch vorgestellt. Deutsche Großkampfschiffe und Kreuzer während des Ersten Weltkriegs und Dickschiffe der kaiserlichen Marine porträtiert Robert Rosentreter mit Namen, Typen, Bewaffnungen, technischen Daten, Werdegang und Verbleib.

Hier klicken!

 

 

Deutsche Kriegsschiffe: Die Torpedoboote der kaiserlichen Marine (Typenkompass)

Deutsche Kriegsschiffe: Die Torpedoboote der kaiserlichen Marine (Typenkompass) Taschenbuch – 31. Mai 2018

Passend zu ihrer ursprünglichen Aufgabe des deutschen Küstenschutzes verfügte die kaiserliche Marine u. a. über Schnell- und Torpedoboote. Die Aufgabe der deutschen Schnellboote bestand vor allem darin, britische Monitore - das waren Kriegsschiffe in seichten Küstengewässern und auf Flüssen - anzugreifen. Torpedoboote wiederum galten dank ihrer Torpedobewaffnung auch als wirkungsvolle und verhältnismäßig preiswerte Methode gegen große Linienschiffe. Eckhard Klien stellt in diesem Typenkompass alle Schnell- und Torpedoboote vor, die zwischen 1872 und 1918 in der kaiserlichen deutschen Marine zum Einsatz kamen.

Hier klicken!

 

 

Deutsche Kriegsschiffe: Das kaiserliche Ostasiengeschwader (Typenkompass)

Deutsche Kriegsschiffe: Das kaiserliche Ostasiengeschwader (Typenkompass) Taschenbuch – 24. Januar 2019

Nach der von Großbritannien und den USA erzwungenen Öffnung der Häfen Chinas für den Handel mit ausländischen Mächten wollten auch deutsche Kaufleute sich ein Stück vom Kuchen abschneiden. Durchsetzen ließen sich solche Interessen nur mit einer starken Marine im Rücken. Deshalb entstand ab 1859 in mehreren Schüben das deutsche Ostasiengeschwader. Volker A. Behr skizziert alle wichtigen Kriegsschiffe, die im kaiserlichen Ostasiengeschwader von 1886 bis in den Ersten Weltkrieg hinein Dienst taten, mit ihrer Einsatzgeschichte, ihrer Ausrüstung und Bewaffnung sowie ihren technischen Besonderheiten.

Hier klicken!

 

 

Die Deutsche Marine in ihrer neuesten Uniformierung (Militaria, Kaiserreich, Uniformen, Abzeichen, Kaiserliche Marine, 1. Weltkrieg, History Edition)

Die Deutsche Marine in ihrer neuesten Uniformierung (Militaria, Kaiserreich, Uniformen, Abzeichen, Kaiserliche Marine, 1. Weltkrieg, History Edition) Gebundenes Buch – 3. August 2011

Das Original "Die Deutsche Marine in ihrer neuesten Uniformierung" erschien erstmals im Jahre 1910 im Verlag Moritz Ruhl. Dieser Band beinhaltet neben der detaillierten 70-seitigen Beschreibung, 18 farbige Uniformtafeln der Kaiserlichen Marine. Ein klassisches Nachschlagewerk für die Uniformkunde! Format A5, 92 Seiten gebunden, farbige Tafeln. History Edition Band 7.

Hier klicken!

 

 

 

 

 

This post is also available in: English (Englisch) Français (Französisch) Italiano (Italienisch) 简体中文 (Vereinfachtes Chinesisch) Русский (Russisch) Español (Spanisch) العربية (Arabisch)

Kommentare sind deaktiviert.

error: Content is protected !!