Die Obusier de 400 Modèle 1915/1916 war eine französische Haubitze, die während des ersten Weltkrieges zu dem größten Eisenbahngeschütz der französischen Armee umgebaut und sowohl im ersten als auch noch im zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde.
Wegen der Erfolge und der großen Durchschlagskraft der deutschen Geschütze bei der Beschießung der Festungen Lüttich, Namur, Antwerpen und Maubeuge forderte das französische Oberkommando ebenfalls schwere Geschütze. diese sollten die immer stärker befestigten deutschen Stellungen beschädigen oder zerstören können, die bereits eingesetzten leichten Feldgeschütze würden für diese Aufgabe nicht ausreichen.
Zwar wurden bereits einige schwere Küstengeschütze oder ausgemusterte Marinegeschütze zu Eisenbahngeschützen umgebaut und eingesetzt, da deren Durchschlagskraft wurde als zu gering erachtet, um die deutschen Betonwerke und Bunker zerstören zu können. Daher wurden noch größere Geschütze mit einem noch größerem Kaliber gefordert.
Die Firma St. Chamond begann daraufhin Mitte 1915 mit dem Umbau von 400 mm Marinegeschützen zu Eisenbahngeschützen. Hierfür wurden zwei Eisenbahnwaggons mit einem Stahlrahmen verbunden. Da der Schwerpunkt der Geschütze sehr kopflastig war hatte der hintere Waggons lediglich 4 Achsen, der vordere hingegen 6 Achsen. Um die Konstruktion auch um engere Kurven fahren zu können, wurden sowohl auf dem vorderen als auch auf dem hinteren Waggon Drehplattformen aufgesetzt, womit die gesamte Konstruktion flexibler auszurichten war.
Bei den eingesetzten Geschützen handelte es sich um bereits ausgemusterte Marinegeschütze, von welchen Kriegsschiffen diese genommen wurden ist nicht bekannt. Sie verfügten über einen Welin Verschluss und benutzten separate Ladungen und Geschosse. Zum Laden musste das Rohr gesenkt werden damit eine Ladeplattform am hinteren Teil des Geschützes hochgefahren werden konnte. Um den Rückstoß aufzufangen wurde ein hydropneumatisches Rückstoßsystem benutzt. Damit glitt das Geschütz nach einem Schuss einige Meter nach hinten, rutsche anschließend wieder nach vorne in seine ursprüngliche Position.
Um das Eisenbahngeschütz in Schussposition zu bringen mussten zunächst die Gleise an der entsprechenden Stelle verlegt werden. Danach musste unter die Gleise ein tiefes Loch gegraben werden, in dass das Geschütz einfahren konnte wenn es in einem hohen Winkel schoss.
Ab Ende Oktober 1915 konnten die ersten der insgesamt 8 Obusier de 400 Modèle 1915/1916 in der Variante 1915 ausgeliefert werden. 1916 folgten nach einigen Modifikationen 4 weitere Eisenbahngeschütze in der Variante 1916, so dass insgesamt 12 der Geschütze gebaut wurden. Mit ihrem 400 mm Kaliber gehörte die Obusier de 400 Modèle 1915/1916 zu dem größten von der französischen Armee eingesetzten Eisenbahngeschützes des gesamten Krieges.
Den ersten Einsatz des Krieges hatten die Geschütze ab dem 30. Juni 1916 während der Schlacht an der Somme. Dort dienten diese als Unterstützung für die anstehende Offensive und beschossen die deutschen Befestigungen der Dörfer Herbécourt, Estrées und Belloy-en-Santerre, die anschließend nur noch Ruinen waren.
Der zweite Einsatz der Eisenbahngeschütz war bei der Rückeroberung der Festungen bei Verdun. Hierfür wurden die beiden Geschütze des 3. Fußartillerie-Regiments 13 Kilometer südwestlich von Baleycourt aufgestellt um die beginnende Offensive am 21. Oktober 1916 unterstützen zu können. In den nächsten 2 Tagen wurden alleine von den eingesetzten 370 und 400 mm Geschützen rund 373 abgegeben. Besonders die besetzten Forts Douaumont und Vaux wurden beschossen. Bei dem Fort Vaux schlugen alleine am 23. Oktober 1916 rund 50 Granaten ein und zerstörten die Krankenstation, mehrere Flure, Kasematten und schließlich ein Munitionsdepot, nach dessem Brand die deutschen Soldaten das Fort aufgeben mussten.
Der letzte große Einsatz der Eisenbahngeschütze erfolgte im April 1917 bei der Unterstützung der Offensive bei Reims. Dort hatten die deutschen Truppen stark ausgebaute Befestigungen bei Brimont, Witry-lès-Reims und Berru sowie Bunker und Tunnel unter dem Berg Cornillet und Mont-sans-nom. Durch Luftaufklärung und Verhöre von gefangenen deutschen Soldaten hatte das französische Oberkommando einen Überblick über die Eingange und Lüftungsschächte der deutschen Bunker. Mitte Mai 1917 wurde mit dem Beschuss der Bunker begonnen, dabei wurden zunächst die Eingänge beschossen um den Soldaten die Flucht zu versperren. Danach wurden die Lüftungsschächte beschossen, damit die eingeschlossenen Soldaten ersticken. Eine Granate konnte die 30 Meter dicke Kalksteinschicht über einem der Bunker durchdringen und explodierte im Inneren des deutschen Bunkers. Dabei kamen rund 400 Soldaten ums Leben.
Neben der französischen Armee erhielt auch das 52. Artillerie-Regiment des Coast Artillery Corps der amerikanischen Truppen 2 der Eisenbahngeschütze. Auf Grundlage dieser Geschütze baute die USA die Eisenbahnhaubitze M1918. Auch nach dem ersten Weltkrieg dienten die französischen Eisenbahngeschütz als Grundlage weiterer amerikanischer Eisenbahngeschütze und Küstenartillerie.
Nach dem ersten Weltkrieg verblieben die noch vorhandenen 10 französischen Eisenbahngeschütze in Depots als Reserve. Als der zweite Weltkrieg ausbrach wurden 8 der Geschütze als Verstärkung der Maginot-Linie im Elsass und in Lothringen eingesetzt. Nach der Kapitulation Frankreichs 1940 erbeutete die deutsche Wehrmacht die Geschütze und stellte sie unter der Bezeichnung 40 cm Haubitze (E) 752 (f) in ihren Dienst. Diese wurden mit Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion an die Ostfront gebracht und 6 der Geschütze wurden bei der Belagerung von Leningrad eingesetzt, die anderen 2 Geschütze dienten für Ersatzteile.
Datenblatt:
Bezeichnung: | Obusier de 400 Modèle 1915/1916 |
Herstellerland: | Frankreich |
Einführungsjahr: | 1915 1916 |
Stückzahl: | 12 Stück |
Kaliber: | 400 mm |
Rohrlänge: | 10,65 Meter |
Reichweite: | Max. 16.000 Meter |
Gewicht: | 137 Tonnen |
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