Royal Naval Air Service

Der Royal Naval Air Service (RNAS) war die Luftstreitkraft der britischen Royal Navy während dem ersten Weltkrieg und wurde gegen Ende des Krieges mit dem Royal Flying Corps (RFC) zur heutigen Royal Air Force (RAF) zusammen gelegt.

 

 

Beginn der militärischen Luftfahrt in Großbritannien:

1908 erkannte die britische Regierung, dass die militärische Nutzung von Flugzeugen untersucht werden muss und für welche Zwecke sich diese für die Marine einsetzen lassen. Hierfür wurde durch Premierminister H. H. Asquith ein Beratenden Ausschuss für Luftfahrt und der Luftunterausschuss der britischen Verteidigung gebildet. Diese Ausschüsse setzten sich aus Politikern, Armeeoffizieren und Offizieren der Royal Navy zusammen.

Am 21. Juli 1908 reichte das Komitee Mitglied Kapitän Reginald Bacon dem Ersten Seelord Sir John Fisher einen Bericht vor, in dem der Bau eines starren Luftschiffes, wie es die Deutschen nutzen, angestrebt werden sollte. Nach einigen Diskussionen wurde der Vorschlag am 7. Mai 1909 genehmigt und bei der Firma Vickers das Luftschiff Mayfly gebaut. Nachdem der Prototyp jedoch am 24. September 1911 in zwei Hälften zerbrach wurde von dem damaligen Ersten Seelord Sir Arthur Wilson umgehend ein Baustopp verhängt.

Im November 1910 bot der britische Royal Aero Club der Royal Navy zwei Flugzeuge an, um diese zu Testen. Bereits seit dem 21. Juni 1910 stand mit Lt. George Cyril Colmore der erste ausgebildete Pilot im Dienst der Royal Navy. Weiter bot der Aero Club an, dass seine ausgebildeten Piloten die Ausbildung neuer Piloten übernehmen können und der Flugplatz in Eastchurch auf der Insel Sheppey von der Royal Navy genutzt werden kann. Am 6. Dezember 1910 wurden die Vorschläge durch die britische Admiralität angenommen unter der Voraussetzung, dass angehende Piloten unverheiratet sein müssen und dem Royal Aero Club Mitgliedsbeiträge zu zahlen haben.

Im November 1911 begann das britische Verteidigungsministerium mit der Bildung eines neuen Unterkomitees, was beauftragt wurde den militärischen Nutzen von Flugzeugen zu untersuchen. Am 28. Februar 1912 legte das Komitee seinen Bericht vor, bei dem es den Aufbau eines fliegenden Korps empfahl. Dieses sollte zum Teil dem Heer und zum Teil der Royal Navy unterstellt sein, zudem sollte eine Flugschule und eine Flugzeug Produktion aufgebaut werden.

Der Vorschlag wurde vom Verteidigungsministerium angenommen und am 13. April 1912 unterzeichnete König George V. einen Erlass zur Gründung des Royal Flying Corps. Da die Royal Navy ihre Flugzeuge und Ballons nicht dem Heer unterstellen und somit eigene Befehlsgewalt über die bereits verwendete Luftstreitkraft ausüben wollten, wurde der Royal Naval Air Service als Teil des Royal Flying Corps beibehalten, war jedoch zu Beginn in diesem integriert.

Neben der zentralen Schule zur Ausbildung von Piloten und Offizieren in Upavon behielt die Marine den Flugplatz in Eastchurch und war befugt, dort auszubilden und auch Prototypen zu testen.

Ebenfalls im April 1912 wurde das erste Manöver durchgeführt bei dem Flugzeuge mit den Kriegsschiffen der Royal Navy zusammen arbeiteten. 1913 folgte eine Wasserflugzeugbasis auf der Isle of Grain und eine Luftschiffbasis in Kingsnorth, da der Bau von Luftschiffen wieder genehmigt wurde. Um Flugzeuge auch über das Wasser transportieren und einsetzten zu können, wurde der ehemalige Kreuzer HMS Hermes als erstes Schiff zu einem Wasserflugzeugträger umgebaut und getestet.

Am 1. Juli 1914 wurde der Royal Naval Air Service aus dem Royal Flying Corps ausgegliedert und war somit nur noch direkt der Royal Navy unterstellt.

 

 

 

Struktur und Organisation:

Im Gegensatz zu dem Royal Flying Corps war der Royal Naval Air Service nicht zentral organisiert, was dazu führte, dass es mehrere Flügel und Staffeln mit der gleichen Nummer gab.

Da die Marine Flieger auch nicht die Größe des RFC erreichten, wurden keine Brigaden oder Divisionen eingeführt, lediglich Staffeln und Flügel wurden aufgebaut und eingesetzt.

  • Flügel 1 = Einsatz sowohl auf der britischen als auch auf der französischen Seite des Ärmelkanals
  • Flügel 2 = Einsatz bei der Landung in den Dardanellen und Gallipoli
  • Flügel 3 = Einsatz bei der Landung in den Dardanellen und Gallipoli, wurde nach dem Rückzug aufgelöst und in Flügel 2 aufgenommen. 1916 neu aufgestellt für strategische Bombardierungen, 1917 wieder aufgelöst
  • Flügel 4 = Überwiegend Jagdflieger, Einsatz an der Westfront
  • Flügel 5 = Überwiegend Bomber, Einsatz an der Westfront
  • Flügel 6 = Patrouillierung der Adria

Einzelne Staffeln an der Westfront erhielten die Zahlen 1 bis 17. Staffeln die im östlichen Mittelmeerraum im Einsatz gegen das osmanische Reich eingesetzt wurden erhielten die Buchstaben A bis G und Z.

 

 

 

Dienstgrade des Royal Naval Air Service:

Sowohl Piloten als auch die Beobachter behielten in der RNAS den gleichen Dienstgrad wie in der Royal Navy.

Diese wurden lediglich um Insignien erweitert. Über dem Dienstgrad  wurde ein Adler für Piloten oder ein geflügelter Buchstaben "O" für Beobachter getragen.

  • Wing Captain
    Dienstgrad in der Royal Navy: Captain
  • Wing Commander / Wing Observer
    Dienstgrad in der Royal Navy: Commander
  • Squadron Commander / Squadron Observer
    Dienstgrad in der Royal Navy: Lieutenant-Commander
  • Squadron Commander / Squadron Observer
    Bis acht Jahre Dienstzeit
    Dienstgrad in der Royal Navy: Lieutenant
  • Flight Commander / Flight Observer
    Dienstgrad in der Royal Navy: Lieutenant
  • Flight Lieutenant / Observer Lieutenant
    Dienstgrad in der Royal Navy: Lieutenant
  • Flight Sub-lieutenant / Observer Sub-lieutenant
    Dienstgrad in der Royal Navy: Sub-lieutenant
  • Chief Petty Officer Mechanic, 1st Grade
  • Chief Petty Officer Mechanic, 2nd Grade
  • Chief Petty Officer Mechanic, 3rd Grade
  • Petty Officer Mechanic
  • Leading Mechanic
  • Air Mechanic, 1st Class
  • Air Mechanic, 1st Class (acting)
  • Air Mechanic, 2nd Class

 

 

Der Dienstgrad eines Royal Naval Air Service Wing Commander

 

 

 

Marine Flugplätze:

Wie auch das Royal Flying Corps unterhielt der Royal Naval Air Service einige Stützpunkte für die Marineflieger:

Großbritannien:
  • Aldeburgh, Suffolk
  • Arbroath, Angus
  • Atwick, Yorkshire
  • Bacton, Norfolk
  • Calshot, Hampshire
  • Chingford, Essex
  • Covehithe, Suffolk
  • Cranwell, Lincolnshire
  • Detling, Kent
  • Dover (Guston Road), Kent
  • Eastbourne (St Anthony's Hill), East Sussex
  • Eastchurch, Kent
  • East Fortune, East Lothian
  • Fairlop, Essex
  • Felixstowe (Landguard Common), Suffolk
  • Felixstowe Dock, Suffolk
  • Fishguard, Pembrokeshire
  • Goldhanger, Essex
  • Gosport, Hampshire
  • Hendon Aerodrome, Middlesex
  • Lee-On-Solent, Hampshire
  • Loch Doon, Ayrshire
  • Longside
  • Scapa Flow
  • Turnhouse
  • Yarmouth
Frankreich:
  • Dunkirk
  • Saint-Pol-sur-Mer
  • Walmer
  • La Bellevue
  • Vendome
Östliches Mittelmeer:
  • Imbros
  • Mudros
  • Stravos
  • Thasos
Andere:
  • Durban
  • Otranto
  • Malta
  • Mombassa

 

 

 

Aufgaben:

Die Hauptaufgabe der Flugzeuge und Luftschiffe der RNAS war die Flottenaufklärung und die Küsten Patrouillen. Da die technischen Möglichkeiten vor und während des ersten Weltkrieges im Bereich der Aufklärung noch nicht so weit fortgeschritten war, waren die Oberbefehlshaber auf die Luftaufklärung angewiesen um zu wissen wo der Feind stand.

Diese Aufgabe zählte auf dem Land ebenso wie auf dem Meer.

So wurden im Laufe des Krieges von Flugzeugen der RNAS rund 10.000 Quadratkilometer der Nordsee und des Ärmelkanals überwacht. Mit den ersten Einsätzen von U-Booten begann zudem die Bekämpfung aus der Luft durch Flugzeuge. Alleine im Jahr 1917 konnten 175 U-Boote gesichtet und davon 107 durch Flugzeuge angegriffen werden. Zwar war der Erfolg eines Angriffes eher bescheiden, die Meldungen hingegen halfen den Kriegsschiffen der Royal Navy U-Boote zu finden und selbst zu bekämpfen.

Da es vor dem ersten Weltkrieg noch keine geeignete Technik für den Start und die Landung auf Schiffen gab, begannen die britischen Marineflieger mit Wasserflugzeugen. Diese wurden durch Kräne zu Wasser gelassen und mussten so auch wieder auf das Schiff gebracht werden. Erst zu Beginn des Krieges wurden Katapulte auf Schiffen montiert oder Landeplattformen montiert.

Liste der vorhandenen und eingesetzten Wasserflugzeug und Flugzeug Trägerschiffen:

  • HMS Hermes
    Ein leichter Kreuzer der in einen Wasserflugzeugträger umgewandelt wurde. Gesunken am 31. Oktober 1914 durch das deutsche U-Boot U-27
  • HMS Empress, HMS Engadin, HMS Riviera, HMS Vindex und HMS Manxman
    Umgebaute Kanalfähren. Die ersten drei Schiffe mit je drei Wasserflugzeugen unternahmen den ersten Marineangriff auf Cuxhaven am 25. Dezember 1914. HMS Vindex hatte eine Startrampe und war das erste Schiff, auf dem ein Radflugzeug startete
  • HMS Ben-my-Chre
    Eine schnelle Fähre der Isle of Man, die in einen Wasserflugzeugträger umgewandelt wurde und in der Schlacht von Gallipoli diente. Ben-My-Chree lieferte das Flugzeug, dass den ersten erfolgreichen Torpedoangriff auf Schiffe verübte. Ein kurzes Wasserflugzeug trug einen 14-Zoll-Torpedo zwischen den Flößen, der aus einer Höhe von 15 Fuß fallen gelassen wurde und ein türkisches Schiff traf und versenkte. Ben-my-Chre wurde 1917 von der türkischen Artillerie versenkt
  • HMS Ark Royal
    Einsatz in Gallipoli und diente auch nach dem ersten Weltkrieg noch. Sie wurde 1934 in Pegasus umbenannt, um den Namen für den neuen modernen Flugzeugträger Ark Royal frei zu machen
  • HMS Campania
    Ehemaliger Cunard-Liner. Sank am 5. November 1918 im Firth of Forth nach einer Kollision mit HMS Royal Oak
  • HMS Manica
    Umgebauter Dampfer, ausgestattet mit der ersten Kite-Ballon-Beobachtungsplattform der Navy
  • HMS Nairana
    Umgebautes Passagierschiff mit einer Startrampe
  • HMS Furious
    Umgebauter Schlachtkreuzer, mit einer 18-Zoll-Kanone achtern und einem fliegenden Deck vorwärts. Sie wurde nach 1918 mit einem durchgehenden Flugdeck umgebaut und diente noch im Zweiten Weltkrieg
  • HMS Argus
    1914 als italienischer Dampfer Conte Rosso angefangen, wurde im September 1918 als Träger mit einem vollen Flugdeck fertiggestellt

 

 

 

 

 

Die RNAS Panzerwagen Abteilung:

Die RNAS war nicht nur mit Luftschiffen und Flugzeugen ausgestattet, zeitweise besaß es die einzige britische mechanisierte Einheit.

Zu Beginn des Krieges waren die Staffeln mit ungepanzerten Tourenwagen ausgestattet, die für Kommunikation dienten und abgeschossene Piloten auf dem Gebiet des Feindes heraus holen sollten. Am 4. September 1914 führte Commander Charles Samson eben einen dieser Einsätze durch, wobei er sein Fahrzeug mit einem Maxim Maschinengewehr ausgerüstet hatte. Als er in der in der Nähe von Cassel ein deutsches Militärfahrzeug zerstören konnte, begann er mit der Überlegung zum Bau von gepanzerten Fahrzeugen. Dafür wurde bei den verwendeten Rolls Royce Silver Ghost Fahrzeugen Panzerplatten angebracht zum Schutz und zudem ein 7,62 mm Maxim Maschinengewehr montiert. Nach einigen erfolgreichen Einsätzen entschied sich das britische Oberkommando dazu, alle in Großbritannien vorhandenen Fahrgestelle der Rolls Royce Silver Ghost für die britische Armee einzusetzen und aus diesen gepanzerte Fahrzeuge zu bauen. Im November 1914 konnte mit diesen Fahrzeugen die Royal Naval Armoured Car Division (RNACD) gegründet werden.

Bis zum August 1915 waren in allen sechs Einheiten der RNAS die Rolls-Royce im Einsatz, bis die Produktion eingestellt werden musste, da die Firma Rolls-Royce keine Fahrzeuge mehr sondern Flugzeug Motoren produzieren musste. Auch die Einheiten der RNAS in Dünkirchen wurden aufgelöst und auf andere Kriegsschauplätze verteilt.

 

 

Rolls-Royce gepanzertes Auto

 

Armoured Cars des RNAS während der Schlacht um Gallipoli 1915

 

 

 

Der Royal Naval Air Service im ersten Weltkrieg:

Als der erste Weltkrieg ausbrach unterstanden dem RNAS 93 Flugzeuge, sechs Luftschiffe, zwei Ballons und 727 Soldaten.

Die Royal Navy unterhielt 12 Luftschiffstationen rund um die britische Küste von Longside, Aberdeenshire im Nordosten bis Anglesey im Westen.

Am 1. August 1915 wurde der RNAS offiziell aus dem Royal Flying Corps heraus gelöst und direkt der Royal Navy unterstellt.

Am 25. Dezember 1914 gelang es der Royal Navy mit dem Angriff auf Cuxhaven den ersten Einsatz von Flugzeugen die von Schiffen starteten durchzuführen. Ziel waren die Zeppelin Hangars und die Zeppeline, die nach Möglichkeit zerstört werden sollten. Doch Nebel und die starke deutsche Flugabwehr verhinderten den Angriff.

Im Laufe des Krieges machte sich jedoch die Konkurrenz zwischen der RNAS und dem RFC bemerkbar. So wurden die vorhandenen Ressourcen schlecht aufgeteilt, die Marine unterhielt eine Staffel für strategische Bombardierungen zu einem Zeitpunkt, als diese noch nicht richtig eingesetzt werden konnten und teilweise erhielt die Marine die neuesten Jagdflieger, obwohl diese vom RFC an der Westfront deutlich dringender gebraucht wurden. Diese Konkurrenz endete erst zum Ende des Krieges mit der Zusammenlegung der beiden Einheiten.

 

 

Offiziere des Royal Navy Air Service Ende 1914

 

Ein Shorts S.38 Wasserflugzeug startet von der HMS Hibernia unter der Aufsicht von Commander C. Samson

 

Staffelführer E. H. Dunning versuchte seinen Sopwith Pup auf dem Deck der HMS Furious zu landen. Er wurde getötet, als sein Flugzeug vom Flugdeck in das Meer abdriftete

 

 

 

Gründung der Royal Air Force:

Bereits am 17. August 1917 legte General Jan Smuts dem britischen Verteidigungsministerium einen Bericht vor, in dem er Möglichkeiten für die zukunftige Ausrichtung des Royal Flying Corps und des Royal Navy Air Service vorstellte.

Ausschlaggebend für diesen Bericht, waren die Vorstellungen Smuts, der in den Flugzeugen das Potential der Verwüstung feindlicher Länder und die Zerstörung industrieller und bevölkerungsreicher Zentren in großem Maßstab sah. Hierfür sollte eine Streitkraft gegründet werden, die in der Stärke dem des Heeres und der Royal Navy ebenbürtig sei.

Zudem würde sich die Konkurrenz zwischen dem RFC und dem RNAS negativ auf die Bündelung von Ressourcen auswirken. Diese beiden Streitkräfte sollten zu einer verbunden werden, die jedoch wie das Heer und die Marine eigenständig operieren kann.

Das Verteidigungsministerium stimmte den meisten Punkten des Vorschlages zu und damit wurde am 1. April 1918 in dem neu gegründeten Luftfahrtministerium das RFC und das RNAS zusammengelegt und es entstand die Royal Air Force als eigenständige Teilstreitkraft.

 

 

 

 

 

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